Stolpersteine

Ein Projekt gegen das Vergessen

Die Stolpersteine erinnern an Menschen, die von den Nazis verfolgt, deportiert, ermordet oder in den Suizid getrieben wurden. Die kleinen Messingtafeln liegen meist vor dem letzten Wohnort der NS-Opfer. Mit mehr als 100.000 Stolpersteinen in 27 europäischen Ländern ist das Projekt des Künstlers Gunter Demnig das größte dezentrale Mahnmal der Welt. Die Gravur enthält die Namen der Menschen und Informationen über ihr Schicksal. Die Stolpersteine werden im Format von zehn mal zehn Zentimetern verlegt. 

In Voerde wurden bisher acht Stolpersteine verlegt.

Friedrichsfeld

  • Franz Stallmach; Heidestraße 27
  • Wilhelmine Gervers; von der Mark Straße 13
  • Otto Neukamp; Frankfurter Straße 78

Möllen

  • Friedrich Bielau; Dinslakener Straße 165
  • Gertrude Lemm; Rahmstraße 130

Mehrum

  • Gertrud Katharina Ettwig; Rehshover Weg 2

Spellen

  • Wilhelm Hemming; Vogellake 25
  • Wilhelm Barth; Friedrich-Wilhelm-Straße 4 (Dorfplatz)

Franz Stallmach

Quadratischer Stolperstein aus Messing gewidmet Franz Stallmach mit der Gravur: Hier wohnte Franz Stallmach, JG. 1879, Denunziert 'Schutzhaft' 6.8.1944, KZ Sachsenhausen, Ermordet 22. Jan. 1945
  • geboren am 09.06.1879 in Groß Trampken bei Danzig
  • gestorben am 22.01.1945 im Konzentrationslager (KZ) Sachsenhausen

Franz Stallmach lebte mit Frau und Kindern in Friedrichsfeld. Das alte Wohnhaus steht heute noch in der Heidesiedlung. Als Drahtzieher und Althändler verdiente er lange Zeit den Lebensunterhalt für die Familie. Anfang Juni 1944 ging Franz Stallmach mit 65 Jahren in den Ruhestand. Unmittelbar danach erfolgte seine Dienstverpflichtung als Wachmann im Durchgangslager Friedrichsfeld. Mitbürger denunzierten Franz Stallmach bei der Lagerleitung, weil er Insassen Lebensmittel zugesteckt haben soll. Außerdem habe er sich mehrfach negativ über das Regime geäußert. 

Am 06.08.1944 erfolgte seine Festnahme. Einige Nächte verbrachte Franz Stallmach in „Schutzhaft“ im Spritzenhaus in Friedrichsfeld, dann wurde er der Gestapo Oberhausen übergeben. Die Gestapo überstellte ihn nach Abschluss der Ermittlungen in das Konzentrationslager Sachsenhausen. Franz Stallmach wurde am 22. Januar 1945 ermordet. 

Friedrich Bielau

Quadratischer Stolperstein aus Messing gewidmet Friedrich Bielau mit der Gravur: Hier wohnte Friedrich Bielau, JG. 1899, Eingewiesen 1.10.1934 Heilanstalt Bedeburg-Hau, 7.3.1940 Herborn, 'Verlegt' 28.1.1941 Hadamar, Ermordet 28. Jan. 1941 'Aktion T4'
  • geboren am 07.12.1899 in Wesel
  • gestorben am 28.01.1941 in Hadamar

Friedrich Bielau wurde in eine Weseler Großfamilie hineingeboren. Als Bergmann verschlug es ihn nach Voerde-Möllen. Hier heiratete Friedrich Bielau die aus Spellen stammende Maria Bischoff. Gemeinsam bekamen Sie vier Kinder. 

Im Oktober 1934 wurde Friedrich Bielau in die Heil- und Pflegeanstalt Bedburg-Hau aufgenommen. Hier verblieb er laut Patientenbuch bis März 1940. Offizielle wurde Friedrich Bielau von Bedburg-Hau in die Anstalt Herborn verlegt und am 28.01.1941 entlassen. In Wirklichkeit verlegte man Friedrich Bielau allerdings im Rahmen der grauenvollen Säuberungsaktion der Nationalsozialisten „Aktion T4“ nach Hadamar. In Hadamar wurde Friedrich Bielau mit über 10.000 anderen Patientinnen und Patienten vergast.

Gertrud Katharina „Käthe“ Ettwig

Quadratischer Stolperstein aus Messing gewidmet Gertrud Käthe Ettwig mit der Gravur: Schulstrasse 48 wohnte Gertrud 'Käthe' Ettwig, JG. 1923, Eingewisen 18.5.1942 Heil- und Pflegeanstalt Düsseldorf-Grafenberg, 'Verlegt' 19.2.1943 'Heilanstalt' Pfaffenrode, Ermordet 9. April 1943.
  • geboren am 25.05.1923 in Mehrum
  • gestorben am 19.02.1943 in Pfafferode (Thüringen)

Getrud Katharina - genannt „Käthe“ - Ettwig wurde am 25.05.1923 in Mehrum geboren und lebte mit ihrer Familie auf der Schulstraße. Als junges Mädchen arbeitete sie als Verkäuferin bei einer Verwandten im Laden. Aufgrund von Veränderungen in ihrem Wesen, wurde sie im Mai 1942 in die Provinzial Heil- und Pflegeanstalt Düsseldorf-Grafenberg eingewiesen. Die Familie erhoffte sich Hilfe von der Anstalt. Nach einem kurzen Heimaturlaub wurde Käthe im Februar 1943 nach Pfafferode in Thüringen eingewiesen. Hier wurde sie am 19. Februar 1943 von den Nationalsozilisten ermordet. 

Gertrude Johanna Lemm

Quadratischer Stolperstein aus Messing gewidmet Johanna Lemm mit der Gravur: Hier wohnte Johanna Lemm, JG. 1903, Zwangssterilisiert 1939, Tot an den Folgen 21. Juli 1939 Morian-Stift Duisburg
  • geboren am 07.11.1903 in Möllen
  • gestorben am 21.07.1939 in Duisburg

Gertrude Johanna Lemm wurde am 07.11.1903 in Voerde-Möllen auf der Rahmstraße geboren. Ihre Eltern Wilhelm Karl Lemm und Anna Margarete Elisabeth Lemm geb. Seuken bekamen in den kommenden Jahren noch acht weitere Kinder. Die Familie lebte durchweg auf der Rahmstraße 27 (heute Rahmstraße 130). Karl Wilhelm arbeitete als Bahnarbeiter, seine Frau kümmerte sich um die Erziehung der Kinder. 

Johanna war zeitlebens unverheiratet, blieb kinderlos und arbeitete als Haustochter im elterlichen Haushalt mit. Im Sterbebuch der evangelischen Kirchengemeinde Götterswickerhamm ist hinter dem Sterbeeintrag von Johanna Lemm vermerkt, sie sei „schwachsinnig“ gewesen. 

Aufgrund dieser Diagnose wurde an Johanna Lemm im Marienstift in Duisburg Hamborn eine eugenische Sterilisation durchgeführt. Solche Zwangssterilisationen erfolgten im Dritten Reich, um die Fortpflanzung erbkranker Menschen zu verhindern. In Folge dieser Sterilisation kam es bei Johanna zu lebensbedrohlichen Komplikationen. Es folgte eine Sepsis (Blutvergiftung mit Organversagen), die zum Tode von Johanna Lemm führte. 

Gertrude Johanna Lemm verstarb am 21.07.1939 und wurde auf dem Friedhof in Götterswickerhamm beigesetzt.

Otto Neukamp

Quadratischer Stolperstein aus Messing gewidmet Otto Neukamp mit der Gravur: Hier wohnte Otto Neukamp, JG. 1890, Ausgegrenzt / Drangsaliert Zwangsarbeit 1939, 'Organisation Todt' befreit
  • geboren am 30.05.1890 in Soest
  • gestorben am 07.12.1949 in Bautzen.

Otto Neukamp wurde am 30. Mai 1890 in Soest geboren. Er zog 1917 mit seiner Ehefrau nach Voerde Friedrichsfeld, wo er u.a. als Postangestellter tätig war. Otto Neukamp wurde katholisch getauft, wechselte allerdings anlässlich der Eheschließung mit seiner Frau Minna Elisabeth Schultz seine Konfession und wurde evangelisch. Ottos Vater Louis Neukamp war Jude. 

Die Familie Neukamp lebte viele Jahre in Friedrichsfeld, Otto schied 1919 aus dem Postdienst aus und bestritt dann als Handelsvertreter sein Geld. Seine Frau Minna nähte und brachte dieses Handwerk auch Mädchen aus Spellen und Friedrichsfeld bei. 

Spätestens im Februar 1939 arbeitete Otto Neukamp für die Organisation Todt. Diese hatte unteranderem das Lager Buschmannshof errichtet, das Anfang 1943 als Fremdarbeiterlager von der Firma Krupp übernommen wurde. Es ist bekannt, dass die Organisation Todt sogenannte „Halbjuden“ als Zwangsarbeiter beschäftigte und in Lagern gefangen hielt. 

Über das genaue Schicksal von Otto Neukamp und seiner Familie während der Zeit des Nationalsozialismus ist nicht mehr bekannt. Als Halbjude wurde er aber fraglos verfolgt und drangsaliert. Im Frühjahr 1945 wurde Otto Neukamp aus der Organisation Todt befreit. Er kam noch einmal für eine kurze Zeit nach Friedrichsfeld zurück, verzog dann aber endgültig. Am 7. Dezember 1949 verstarb Otto Neukamp im Bautzen.

Wilhelm Barth

Quadratischer Stolperstein aus Messing gewidmet Wilhelm Barth mit der Gravur: Friedrich-Wilhem-Straße 4 wohnte Wilhelm Barth, JG. 1921, Eingewiesen 1928 Heilanstalt Hephata Mönchengladbch, 'Verlegt' 12.07.1943 Scheuern, 03.11.1943 Hadamar, Ermordet 27.11.1943.
  • geboren am 22.09.1921 in Spellen
  • gestorben am 27.11.1943 in Hadamar

Wilhelm Barth kam als Frühchen mit gerade einmal 2,5 Pfund im September 1921 zur Welt. Seine Eltern Wilhelm Johann Barth und Katharina Barth geborene Huneken wohnten damals in Voerde-Spellen Nr. 379. Wilhelm Johann Barth verdiente sein Geld als Bundesbahnangestellter und ernährte so die Familie mit vier Kindern: Elisabeth (geboren 1912), Heinrich (geboren 1916), Johann (geboren 1919) und Wilhelm (geboren 1921). Wilhelm Barth wurde im Februar 1929 in die Heil- und Pflegeanstalt Hephata Mönchengladbach aufgenommen. In diesen frühen Jahren in Mönchengladbach wurde Wilhelm Barth gut umsorgt und entwickelte sich körperlich und geistig weiter. 

Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 begann dann das Martyrium von Wilhelm Barth. Die Pflege, in den so genannten Heil- und Pflegeanstalten, wurde immer mehr vernachlässigt. Bis 1942 verblieb Wilhelm Barth noch in Mönchengladbach, dann verlegte man ihn in die Heil- und Pflegeanstalt Scheuern bei Nassau an der Lahn. Die Aufnahme in Scheuern war jedoch nur von kurzer Dauer. Schon wenige Monate später im November 1943 erfolgt die endgültige Verlegung in die „Heilanstalt Hadamar“. Hadamar war zwischen 1941 und 1945 eine Tötungsanstalt im Rahmen der nationalsozialistischen „Euthanasie“. Wilhelm Bar

Wilhelm Hemming

Quadratischer Stolperstein aus Messing gewidmet Wilhelm Hemming mit der Gravur: Hier wohnte Wilhelm Hemming, JG. 1893, Eingewiesen 1.2.1926 Heilanstalt Bedburg-Hau, 'Verlegt' 8.3.1940 Brandenburg / Havel, Ermordet 8. März 1940 'Aktion T4'.
  • geboren am 15.07.1893 in Spellen
  • gestorben am 08.03.1940 Brandenburg an der Havel

Wilhelm Hemming wurde am 15.07.1893 in Spellen geboren. Nach Aussagen der noch lebenden Angehörigen wurde Wilhelm Hemming aufgrund epileptischer Anfälle 1926 in die Heil- und Pflegeanstalt Bedburg-Hau eingewiesen. Hier erhielt er noch regelmäßig Besuch seiner Verwandten aus Ork. 

Am 8. März 1940 wurde Wilhelm Hemming von Bedburg-Hau nach Brandenburg an der Havel transportiert. Hier hatten die Nationalsozialisten seit Dezember 1939 das Alte Zuchthaus im Rahmen der sogenannten „Aktion T4“ zu einer Euthanasie-Anstalt umgebaut. Zwischen Februar und Oktober 1940 ermordete das Personal über 9.000 Patientinnen und Patienten mit Giftgas

Wilhelmine Gervers

Quadratischer Stolperstein aus Messing gewidmet Wilhelmine Gerwers mit der Gravur: Hier wohnte Wilhelmine Gervers, geb. Teröde, JG. 1907, seit 17.1.1941 in Mehreren Heilanstalten, 'Verlegt' 3.3.1943, Meseritz-Obrawalde, Ermordet 28. März 1943.
  • geboren am 17.10.1907 in Spellen
  • gestorben am 23.08.1943 in Meseritz, Obrawalde                    

Wilhelmine Terörde wurde am 17.10.1907 in Spellen geboren. Ihr Vater Wilhelm Terörde verdiente als Tagelöhner sein Geld. 1931 heiratete Wilhelmine den Vorarbeiter Heinrich Gervers. Gemeinsam bauten Sie ein Haus in Friedrichsfeld, Heidestraße 194d (heute Von der Mark Straße). Ein Jahr nach der Hochzeit kam die gemeinsame Tochter Hermine zur Welt. Wilhelmine Gervers litt nach der Geburt der Tochter vermutlich an postnatalen Depressionen. Der Chefarzt des St. Elisabeth Krankenhauses in Spellen Dr. Blanke wies Wilhelmine 1941 aufgrund einer angeblichen „Gefahr für die Umgebung“ in eine Anstalt ein.

Die Voerder Polizei verfügt daraufhin am 17.01.1941 die Einweisung von Wilhelmine Gervers in die Provinzial Heil- und Pflegeanstalt Süchteln / Johannistal. Von hier verlegte man Wilhelmine Gervers am 03.03.1943 nach Meseritz-Obrawalde (heute Polen). Die Heil- und Pflegeanstalt in Obrawalde begann im Sommer 1942 mit der systematischen Ermordung von Patienten durch Giftinjektion. Wilhelmine Gervers wurde am 23.08.1943 durch eine Injektion getötet.